Star Trek Economy

Die postvirale Migration in virtuelle Welten – ein Leitfaden für die Ökonomie der digitalen Disruption, von Daniel Ulf  Khafif 

München, 23. März 2020

(Quelle zur Diskussionsgrundlage: “Virus, Viralität, Virtualität: Wie gerade die erste Fern-Gesellschaft der Menschheitsgeschichte entsteht”von Prof. Dr. Peter Weibel, siehe Shortlink NZZ: https://bit.ly/33CAfwe)

Point of no Return

(1) “Das Virus zwingt durch seine Viralität die Kultur zu einer Migration in virtuelle Welten – ein wichtiger Schritt für die Steigerung der Abstraktions- und Symbolisierungskraft des Menschen, das heisst für die Evolution.” – Mit dieser Analyse denkt Medienwissenschaftler Peter Weibel treffend den system- wie medientheoretischen Faden zu Ende, der schon von Jean-Paul Sartres “Geschlossene Gesellschaft” und Neil Postmans “Wir amüsieren uns zu Tode” seinerzeit gesponnen wurde. In diesem Kanon sei an die systemtheoretischen Forschungen von Manfred Eigen und Ruth Winkler in den 1970er Jahren erinnert:

Das exponential eintretende Ende des Status Quo Antes führt in der nächsten Generation ebenso exponential zu einem Status operandum, dessen Ausgestaltung weniger die ohnehin beträchtlichen ökonomischen, rechtlichen und politischen Modi, sondern vor allem unser Denken im beginnenden Zeitalter des digitalen Konsens betrifft. Je komplexer ein System, desto fragiler ist es. Dieses bekannte Axiom der Systemtheorie ließ schon nach den Disruptionen der letzten drei Jahrzehnte, die in immer kürzeren Intervallen, synchron folgenden und um so höheren Amplituden ausfielen, eine größeren Crash, nun infolge einer umwälzenden Pandemie, erahnen.

Das CoVid-19 Virus wird, soviel steht jetzt schon fest, für die Menschen der postviralen Gesellschaft den gleichen Erkenntnisschub freisetzen, wie für die Überlebenden nach einem Krieg. Nicht umsonst spricht Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron davon, daß sich sein Land, wir alle uns, “im Krieg befinden”. Nicht in der Sache, mit Kanonen und Schützengräben…aber in der Dramatik, mit Uniformen, Notstandsgesetzen, Katastrophenalarm, Infizierten (= Verletzten) und Toten und vor allem einer komplett schockgefrosteten Ziviel- ud Produktionsgesellschaft durchaus vergleichbar. Vor allem aber: In der Konsequenz. “Es wird nichts mehr sein wie vorher”, orakelte schon die deutsche Bundeskanzlerin, nicht ganz zu unrecht. Das sich alles grundlegend ändert, war kriegserprobten Menschen 1914 genauso klar wie 1939. Jüngere setzten das um. Aber es ist Ihnen in der Dynamik vielleicht weniger bewusst. Denn: Neben Gesetzen, Politik und Wirtschaft eins: Es ändert sich vor allem das Mind-Set. Dann folgt alles andere.

Systemversagen und Reset

(2) – Hinsichtlich Systemversagen und Reset: Die Frage blieb nur offen, in welcher Form, ob durch das Verschwinden von Ressourcen und Lebensgrundlagen, mangelnder Primär Infrastruktur (Energie- und Netzstabilität), größeren militärischen oder sozialen Konflikten oder massiver Rezession ein Deep Cut entsteht. Militärisch sei an den Begriff des “frozen conflict” wie z.B. in der Ukraine erinnert, dass ohne post war Strategie keine Kriege einen signifikanten Gewinn für keine der Parteien mehr darstellen. Alte Rezepte bieten keine Lösung mehr. Was bewaffnete Konflikte angeht, ist das vielleicht auch gut so. Die nächsten Aufgaben, die eine globale Relevanz besitzen, lassen sich nur durch Vernetzen von Wissen und gemeinsames Handeln lösen. Dabei ist der politische Faktor irrelevant. Es geht nicht um Lagerbildung. Sondern um Fusion.

Der “Point of no return” war also zumindest aus systemischer Sicht längst überschritten, was an dieser Stelle beispielsweise an den “Welterschöpfungstag” erinnert, der bei gleichbleibendem Status operandi in wenigen Jahrzehnten, oder schneller, auf den Neujahrstag gefallen wäre.

(3)  Die fraktale Mathematik, so zeigte Benoit Mandelbrot einst, etwa in der Darstellung der “Apfelmännchen” – Grafen, lehrt indes auch den erfolgreichen System-Reset.

Zentrale Aussagen für eine vorsichtige, systemische Prognose der postviralen Ökonomie:

A – Trennung von Inhalt und Bote

Hoffnung sieht Peter Weibel in folgendem Passus: “Für die postindustrielle medienbasierte Revolution, die für das 21. Jahrhundert entscheidend ist, gilt die Trennung von Bote und Botschaft.”

Und weiter im gleichen, hier vorliegenden Text:

B – Praxis virtueller Erfahrung

“Aus der naturschädigenden und damit auch menschenschädigenden exzessiven materiellen Mobilität wird nach der Trennung von Bote und Botschaft eine immaterielle virtuelle Mobilität.”

Essenz: Daraus, aus den Aussagen A und B, ergeben sich viele Chancen. Die kollektive globale Informationsgleichheit derzeit trägt dazu bei.

Packen wir es also an!

Ein kleines, gut vernetztes Team aus Informatikern, Physikern, Mathematikern, Ökonomen, Ärzten und Medienwissenschaftlern (u.a.meine Wenigkeit) erarbeitet derzeit  Konzepte zum ökonomischen Arbeiten aktueller und künftiger Quarantänen auf Basis der gebotenen technischen Infrastruktur. Diese Infrastruktur folgt räumlich, technisch und strategisch der Kommunikationsstruktur des Holo-Decks in Star Trek.

Die Datenanalyse wird nach Bedarf publiziert. Diese gewonnen Daten können im nächsten Schritt zum Launch neuer Ökonomisierung beitragen.

Quelle: https://www.nzz.ch/feuilleton/virus-viralitaet-virtualitaet-peter-weibel-ueber-die-erste-ferngesellschaft-in-der-menschheitsgeschichte-ld.1547579

Mehr: dk@daniel-khafif.info